Die meisten Beobachter zeigten sich überrascht, dass die britische Regenbogenpresse mit ihren Ankündigungen einer bevorstehenden russischen Invasion in der Ukraine Recht hatte. Der Überraschung folgte dann das Rätselraten über den zugrunde liegenden Plan Putins. Im Mainstream verbreitete sich schnell die Erzählung vom kranken und einsamen Kreml-Despoten, der in einer persönlichen, planlosen Kurzschlussreaktion seiner Herrscher-Biografie die Krone verleihen mochte.
Umso erstaunlicher ist es, dass die gleichen Stimmen wenige Tage nach Beginn der Militäroperation feststellten, dass Putins Plan nicht aufgegangen ist. Er hat also plötzlich doch einen Plan. Und nicht nur das - die Gazetten kennen diesen Plan sogar. Um diesen Plan erkennen zu können, darf man aber keinesfalls auf das hören, was Putin selber in seinen Reden als Plan verlautbart. Nein - der Zar Putin will sein Imperium mit einem Blitzkrieg vergrößern. Doch er hat dabei nicht mit dem "heldenhaften Widerstand" der Ukrainer und der geschlossenen Reaktion der "internationalen Gemeinschaft" gerechnet. Kurzum: Putin ist der Teufel, aber wir werden ihn besiegen. Alles wie immer.
Wir kennen diese polit-medialen Power-Simulationen, hinter denen die realen Handlungsoptionen meist weit zurück liegen. Manchmal braucht es 20 Jahre bis zur Ernüchterung - so wie in Afghanistan. Die Empörungs-und-Solidaritäts-Welle ist dann lange durchgerauscht. Manchmal reichen aber auch schon ein paar unmittelbare Preissteigerungen, um den Menschen ihre Illusion vom kostenlosen Kampf gegen das Böse innerhalb ihrer Komfortzone vorzuführen.
Abseits der Propaganda bezeichnen es die Militärexperten schon als Erfolg, wenn der Russe das Land nicht ganz so schnell überrollt, wie man es wohl selber insgeheim erwartet hat. Die Optionen der Ukrainer zur Abwehr der russischen Invasion sind leider schmutzig, auf Menschenleben bezogen sehr zynisch und auf den Deutschen bezogen äußerst gefährlich:
- Mehr Waffen und Kämpfer bekommen, um Russland ein zweites Afghanistan zu bescheren.
- Russische Kriegsverbrechen - entweder provozieren oder inszenieren.
- Dem Gegner so viele menschliche Opfer zufügen wie nur möglich.
- Die NATO zum Eingreifen bewegen und damit einen 3.Weltkrieg riskieren.
Wer Frieden will, muss nüchtern betrachtet eine möglichst baldige Kapitulation der Ukraine wünschen. Dass mehr oder weniger junge Ukrainer bereit sind, im Kampf gegen die russischen Invasoren ihr Leben zu geben, kann ich verstehen. Nicht verstehen kann ich, dass Menschen hierzulande wünschen, die Ukraine möge mit den oben genannten Mitteln die Russen wieder außer Landes treiben.
Die Akteure und die Konsumenten des polit-medialen Zirkus können sich überlegen, ob ihnen die Ukraine wieder so egal wird wie vor zwei Monaten oder ob sie den Rest ihres Lebens in Angst und wirtschaftlicher Not leben möchten.
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