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Konkrete Regeln vs. abstrakte Ziele

Ein Grundproblem der politischen Maßnahmen gegen Covid-19 besteht darin, dass die Ausbreitung und Wirkung eines Virus in einer Population ein abstrakter Vorgang ist, während die Instrumente zur Verringerung der Ausbreitung des Virus die Verfertigung von Regeln zur Folge haben, die fälschlicherweise als konkrete Gefahrenabwendung interpretiert werden. 

Überlegen wir kurz:  

Es ist strafbar, dass ein Mensch in einem Supermarkt mit einer Pistole wild um sich schießt. Warum? Es geht davon die konkrete Gefahr aus, dass ein Mensch von einer Kugel getroffen werden könnte. Konkrete Gefahr - konkrete Regel zur Gefahrenabwendung. 

Doch die Regeln zur Verringerung der Ausbreitung eines Virus basieren nur in verschwindend wenigen Fällen auf einer Abwendung von konkreter Gefahr. Die Regeln basieren auf der Abstraktion einer Menge von Infektionsmöglichkeiten, die mit entsprechenden Regeln pauschal minimiert werden soll. Das wird oft nicht verstanden.   
Zwei Beispiele aus unterschiedlicher Richtung:

Beispiel 1: Maßnahmekritiker witzeln über nächtliche Ausgangsverbote und Sperrstunden, indem sie ironisch fragen, ob sich der Virus spätabends und nachts anders verhält als tagsüber.    

Beispiel 2: Einige Menschen betrachten Menschen, die sich der Maskenpflicht widersetzen als Gefährder - oder sogar gleich als Mörder. 

Beim ersten Beispiel ist klar, dass sich der Virus selbstverständlich zu jeder Zeit gleich verhält. Die Regel jedoch möchte abendliche Kontakten reduzieren. Die Kontakte und Ausgänge zwischen 6 und 22 Uhr wollen oder können die Entscheider nicht reduzieren. Also reduzieren sie wenigstens das Nachtleben. Die abstrakte Idee der Reduzierung von Kontakten wird zur konkreten Regel, das Nachtleben zu verbieten.

Für die Analyse des zweiten Beispiels sollte man noch einmal den Pistolen-Schützen im Supermarkt (s.o.) mit einem potentiell ansteckenden Menschen im Supermarkt vergleichen. Ein um sich schießender Mensch wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Mörder. Ein Mensch ohne Maske hingegen ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht infiziert und ansteckend und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch kein Mörder. 

Bei einer Inzidenz von 100, wären ca. 0,05 Prozent der frei herum laufenden Menschen infektiös. Wenn ein Maskenunwilliger tatsächlich zu diesen 0,05 Prozent gehören sollte, heißt das noch lange nicht, dass er im Supermarkt einen anderen Menschen einfach so infizieren kann.

  • Dazu muss er zusätzlich den Mindestabstand nicht einhalten.
  • Weiterhin muss er sprechen, niesen oder husten.
  • Weiterhin muss eine infizierbare Person (Ungeimpft nicht genesen oder ungeschützt geimpft) sein Gegenüber sein.
  • Weiterhin muss diese Person dann auch tatsächlich erkranken, also der Virus muss die Schleimhaut erreichen und sich dort einnisten können. 
  • Weiterhin muss die Krankheit dann den mit einer Wahrscheinlichkeit von unter 1% liegenden tödlichen Verlauf nehmen. 
Aber auch dann ist der Maskenunwillige juristisch gesehen kein Mörder. Denn noch nie hörte ich, dass z.B. ein Altenpfleger wegen Mordes angeklagt wurde. Denn in nicht wenigen Fällen dürfte es offenkundig geworden sein, welche Person den Virus in Altenheime einschleppte. Genauso wenig wie jemand als Mörder angeklagt wird, der in einer regelkonformen privaten Situation, in welcher auch keine Maskenpflicht herrscht, einen Angehörigen infizierte, der dann tatsächlich verstarb. Wir hätten sonst aktuell ca. 100 000 Anklagen wegen Mordes zu verhandeln. Die wenigsten davon gegen unbekannt. 

Wir sehen in beiden Beispielen, dass der abstrakte Ansatz zur Minimerung von Infektionen mit einem konkreten Ansatz der Gefahrenabwendung verwechselt wird. Wer keine Maske trägt und nicht nachgewiesenermaßen infektiös mit SARS-Cov-2 war, hat die Menschen genauso wenig gefährdet wie ein Mensch der ohne Waffe durch den Supermarkt geht.  

Meine Meinung ist, dass abstrakte Lösungsansätze nicht in verpflichtende Regeln umgesetzt werden können, ohne dabei einen sinnfreien Gehorsam vom Bürger für in der Regel zwecklose Verhaltensweisen einzufordern. Zudem ist es unmöglich, solche Regeln konsistent und frei von Widersprüchen zu entwerfen. Des weiteren ist der Aufwand, diese Regeln durchzusetzen, unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Schaden, der sich wiederum dadurch ergeben würde, dass Empfehlungen nicht von allen Menschen befolgt werden würden.
Spätestens seit der ausreichenden Verfügbarkeit von FFP2-Masken ist davon auszugehen, dass sich fast jeder Mensch in fast jeder Situation vor einer Infektion mit SARS-Cov-2 schützen kann, sofern er das für sich für nötig hält. Mit einer Impfung, die in geringen Zeiträumen ohne Kosten permanent aufgefrischt werden kann, ist zusätzlicher Schutz erhältlich, der ernste und tödliche Infektionen in den Bereich der Unwahrscheinlichkeit verdrängt. So zumindest argumentieren nach wie vor die Verfechter der Impfung.  

Und: Es gibt genug Beispiele für Infektionsschutzregeln, die auf der konkreten Gefahrenabwehr beruhen. Sie waren bereits im alten Infektionsschutzgesetz enthalten und betreffen alle nachweislich infizierte Personen. 


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